Der Klosteranger in Weyarn. Hier haben nicht nur Menschen aller Generationen ein neues Zuhause gefunden. Sondern hier leben in einem großen Gemein­schafts­garten mittlerweile auch die ­glücklichsten Zucchinis, Bohnen, Kartoffeln, Radis, Salate, Beeren, Blumen, Kräuter und sogar Insekten Weyarns.

Ein Garten für alle

Ein Gemeinschaftsgarten auf dem Klosteranger? Zugänglich für alle? Bewirtschaftet von Freiwilligen? Als diese Idee in der Bürgerbeteiligung und in vielen Gesprächen zwischen Architekten, Vertretern der Gemeinde anlässlich der Pläne für die neue Bebauung des Angers geboren wurde, war von Anfang an klar: Ein solcher Garten ist nur möglich, wenn der gute Wille aller zusammenkommt und alle die Ärmel hochkrempeln. Zunächst natürlich die, die sich auskennen: Gartenspezialisten, die wissen, wie man einen solchen Garten anlegt und was dafür alles nötig ist. Dann ein Unternehmen wie Quest, das die Mittel zur Verfügung stellt, um die Sache ins Rollen zu bringen. Und mit dem Bürgermeister und den Gemeindevertretern Weyarns ­Menschen, die die Chancen und den Nutzen eines solchen Gartens für die Gemeinde erkennen und dazu bereit sind, ihn auch zukünftig großzügig zu unterstützen: mit Saatgut, Gerät und allem, was es so braucht.

Der Rest ist Geschichte, wie man so sagt. Mittlerweile ist der Gemeinschaftsgarten für viele Bewohner und Bürger Weyarns zum schönsten Platz auf dem Anger geworden und Mittelpunkt des ganzen Areals. Hier wird gesät, geerntet, gefeiert, gegessen, gelacht. Und, wie könnte es anders sein, schließlich sind wir mitten in Bayern, auch mal die eine oder andere Halbe getrunken, als Ausklang eines gemeinsamen Arbeitstages im Beet.

Stellvertretend für alle Beteiligten möchten wir hier zwei besondere Frauen zu Wort kommen lassen, ohne die der Garten nicht zu dem geworden wäre, wie er heute ist.

Maria
Haslauer

Landschaftsarchitektin

Ich bin mit Leidenschaft Landschaftsarchitektin und Gärtnerin. Mir ist sehr wichtig, dass das Thema „Gärtnern“ überall vorkommt. Das in Weyarn war eine sehr spezielle Aufgabe. Ich wurde von Quest damals für die Planung mit ins Boot geholt. Anhand des Grundrisses haben wir überlegt, wie der Garten ausschauen könnte, und dazu verschiedene Workshops veranstaltet, mit den Anwohnern, den zukünftigen Bewohnern und der Gemeinde. Am wichtigsten war es, zu Beginn erst einmal die Menschen für die Idee „Gemeinschafts­garten“ zu begeistern und herauszubekommen, was sie sich von ihm erwarten. Und da hat sich dann schnell herausgestellt: Es ging ihnen hauptsächlich ums ­gemeinsame „echte“ Gärtnern, sozusagen um „Erde unter den Fingernägeln“.

Danach kamen dann die ganzen praktischen Fragen: Wo will man Gemüsestreifen anlegen und wo sollen die Blumen hin? Wo die Sträucher? Welche Sorten eignen sich, welche Pflanzen, wie werden die bestellt? Und natürlich: Welche Gerätschaften brauchen wir? Am Ende war das ein richtiges Wünsch-dir-was-Paket. Durch eine großzügige Starthilfe hat dann alles wunderbar geklappt und die ganze Idee ist nicht an ein paar Kubikmetern Erde gescheitert.

So ein Garten braucht natürlich Menschen, die aktiv mitmachen. Der harte Kern bestand anfangs aus vier bis fünf Personen, die dann die Gartenregeln aufgestellt haben. Wir waren als Berater dabei, aber die Regeln gemacht haben die Beteiligten selbst und sie haben die Regeln sehr, sehr offen gestaltet. Du kannst im Garten mitarbeiten, du kannst aber auch einfach nur etwas ernten: Der Garten gehört allen und alles im Garten auch.

Weyarn war der erste Gemeinschaftsgarten, den ich begleitet habe. Und ich muss sagen, es ist ein gutes Gefühl, dass sich die ganze Arbeit so gelohnt hat!

Erde
unter den
Finger-
­nägeln

Es war
schon ein
Wünsch-
dir-was-
Paket

Unsere
Gemeinschafts­garten-Tipps

1// Das richtige Grundstück
Nicht zu klein, nicht zu weit ab vom Schuss. Auch wichtig: guter ­Boden, ausreichend Belichtung und die Wasserversorgung.

2// Die Idee bekannt machen
Es braucht viele fleißige Hände! Daher: Menschen einladen mit­zu­­machen und sie mit Gemeinschaftsgärtnern anderer ­erfolgreicher Projekte zusammenbringen.

3// Wer? Wie? Was?
Arbeitskreis, Interessengemeinschaft oder Verein: Eine ­passende ­Organisation gründen und verbindliche Regeln definieren. ­Genauso wichtig: Eine Basis für gegenseitiges Vertrauen schaffen und auf die Vernunft der Menschen setzen.

4// Die Finanzierung
Boden kultivieren, Hochbeete anlegen, einen Schuppen ­errichten, ­Wasser, Saatgut und Dünger – wer finanziert was es braucht? Die ­Gemeinde, ein Sponsor oder Spenden?

5// Beratung und Coaching
Bei der Projekt- und Gartenplanung auf die Expertise von ­erfahrenen Gemeinschaftsgärtnern und professionellen ­Beratern setzen – und am besten einen Gärtner aus der Region wählen.

6// Ärmel hochkrempeln
Zum Anlegen des Gartens genügend Zeit einplanen, möglichst ­viele Menschen einbeziehen und auf das Wissen erfahrener Gärtner ­setzen: Wann pflanze ich was und wo, welche Sorten sind robust und pflegeleicht, wo sehen wir schnelle gemeinsame ­Erfolge?

7// Regelmäßiger Austausch
Ein Gemeinschaftsgarten dient der Gemeinschaft. Hier wachsen nicht nur Gemüse, sondern auch Freundschaften, Zusammenhalt und ­Vertrauen. Also: Feste feiern nicht vergessen!

Doris
Orthofer

Vorsitzende des
Arbeitskreises Garteln

Ich hatte schon immer einen großen Garten, mir macht Gartenarbeit riesigen Spaß. Und zusammen mit anderen wird der Spaß erst komplett. Ein Garten wie dieser braucht ganz, ganz viel Herzblut und Menschen, die sich mit Liebe um ihn kümmern. Klar, wer jetzt berufstätig ist, hat nicht die Zeit, jeden Tag in den Garten zu gehen. Aber ich würde schon sagen, dass es bestimmt 16 bis 18 Leute sind, die in unserem „Arbeitskreis Garteln“ regelmäßig etwas machen.

Wir treffen uns jeden Samstag. Das ist unser Garten-Arbeitstag. Wir fangen so gegen 10 Uhr an und beenden die Arbeit mit einer Brotzeit. Das ist schon Tradition. Jeden Samstag um zwölf Uhr kann man uns ganz lange fröhlich ratschend am Tisch sitzen sehen. Außerdem machen wir regelmäßig Feste wie Sonnwendfeuer, Wintersonnenwende oder Erntedankfest, für alle, die kommen wollen.

Der Garten ist wirklich für die Gemeinde. Was im Garten wächst, gehört allen. Auch denen, die nicht im Garten arbeiten. Am Anfang war da schon etwas Scheu, die Menschen haben nicht verstanden, wie es sein kann, dass jemand etwas macht und einfach verschenkt. Also haben sich viele zuerst nicht in den Garten getraut. Was uns dann sehr geholfen hat, ist, dass der Bayerische Rundfunk einen Bericht über den Anger und den Garten gedreht hat: „Unter unserem Himmel: Weyarn – vom Mut zur Veränderung.“ Sensationell.

Jetzt kommen immer öfter Leute, die einfach nur sitzen und die Atmosphäre genießen oder sich mit jemanden unterhalten.

Obwohl der Garten allen offen steht, ­hatten wir noch nie Probleme damit, dass irgendetwas zerstört wurde. Niemand trampelt einfach durch die Beete. Und wir haben als System die grünen Flaschen installiert. Überall dort, wo die Flaschen sind, darf geerntet werden. Und das funktioniert hervorragend. ...

Was im
Garten
wächst,
gehört
allen

Gartenheldinnen Doris Orthofer und Nina Frare. Zusammen zupft es sich besser.

Für die Kinder ist so ein Garten natürlich auch eine ganz tolle Sache. Nehmen wir nur mal das Insektenhotel. Das Insektenhotel ist die logische Konsequenz davon, dass wir den Garten auch ökologisch betreiben wollen. Wir wollen ernten, aber auch Lebensraum für Tiere schaffen. Nimmt man sich die Zeit und setzt sich vor das Insektenhotel, so eine halbe Stunde, wenn die Sonne draufscheint, ist es unglaublich, was da alles schwirrt und fliegt. Zum Beispiel Wespen, die Maden bringen, damit ihre Larven versorgt sind. Das ist total interessant und da habe ich mit den Kindern schon oft zugesehen. Für sie ist das einfach faszinierend.

Ich kann nur sagen: Der Gemeinschaftsgarten hat unser Leben und das Leben in Weyarn enorm bereichert. Er macht einfach Freude und funktioniert wunderbar!

Und? Lust auf einen Besuch?

Kommen Sie doch einfach mal vorbei. Wie wäre es mit Samstag, gegen 12? Bringen Sie ­etwas zum Essen mit und setzen Sie sich dazu. Sie sind herzlich willkommen.

Und natürlich empfehlen wir die Website des AK Gartelns: gemeinsam-garteln-weyarn.de

Großes
Insekten-
kino
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